Samstag, 9. Dezember 2017

Heiliger Müßiggang

Handel und Wandel

Être plus paresseux qu’un saint … Ohne Begründung oder Beweise stellt der Denker den Stand der Heiligen unter den Generalverdacht der Faulheit, es ist an uns, die Angelegenheit im Rahmen eines sogenannten Faktenchecks zu überprüfen. Der heilige Georg, Schutzpatron des Werkes und Hauptmann einer verwegenen Reitertruppe, darunter ein kalmückischer Bogenschütze mit einem schmerzhaften Ausdruck der Intensität im Gesicht, steht im Begriff, gegen den Drachen auszuziehen, und nimmt Abschied von der Principessa. Nur ihm ist es zu verdanken, wenn nach der Erledigung des Lindwurms Handel und Wandel wieder Fuß fassen konnten in der Region. Auch der Artist Giorgio Santini, die Inkarnation des San Giorgio in unserer Gegenwart, ist vom Vorwurf der Faulheit freizusprechen, zwar gehen ihm die verwegensten Hochseilakte scheinbar mühelos von der Hand, jeder aber kann die harten Trainingseinheiten im Hintergrund erahnen. Dem heilige Franz, der in einem schwankenden Schilfbeet mit dem Kopf nach unten im Wasser liegt, in seiner mißlichen Lage obendrein Faulheit zu unterstellen, wäre zynisch und heiligenverachtend, gleiches gilt für die heilige Katharina, die, ein kleines Modell des Rades, auf dem man sie gebrochen hatte, in der Hand und über die Sümpfe schreitet. Ohnehin fällt es ungleich schwerer, weibliche Wesen und Heilige der Faulheit zu bezichtigen. Le Strange, der den heiligen Franz, umflattert von allerlei Federgetier, und den heiligen Hieronymus in der Grube gleichermaßen verkörpert, geht keiner geregelten Tätigkeit nach, alles in uns aber sträubt sich, in ihm einen Faulpelz zu sehen. Die Ashburys, von denen es heißt, sie würden immer unschuldiger - man könnte auch sagen, immer heiliger, schließlich hatte Mrs. Ashbury schon die Himmelfahrt versucht, war allerdings im Plafond steckengeblieben – gehen ausschließlich unnützen Verrichtungen nach, die sie aber, ohne sich irgend zu schonen, mit Leidenschaft und Hingabe betreiben.

Sind wir aber überhaupt auf der richtigen Spur, was berechtigt uns, Faulheit aus Ciorans Feder als einen Vorwurf zu lesen, ist ihm doch alles begrüßenswert, was sich dem Fortschritt, der nichts anderes ist als der Ausdruck unserer Verdammnis, in den Weg stellt. Faulheit ist für den Meister aus Siebenbürgen ein Synonym für die Heiligkeit der Heiligen, die Angelegenheit ist völlig neu zu bewerten. Ausgangspunkt könnte die folgende Bemerkung sein: Rien n'est plus pénible que l'infini pour un travailleur, pour un paresseux c'est la seule consolation.

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